Bericht über die Fundstelle Granatkogel/Ötztal 2013

Uwe Tschampel

 

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Seit langem hatten wir uns vorgenommen, noch einmal zum Granatenkogel im Ötztal aufzusteigen. Also fuhren meine Frau und ich am letzten Augustwochenende los, um das Vorhaben in die Tat umzusetzen. Ich kam hauptsächlich der Steine wegen, meine Frau vor allem, um den wunderschönen Ausblick auf die vielen Dreitausender und den Gaisbergferner zu genießen.

Wir kamen am Abend in Obergurgl an und übernachteten im Tiroler Adler. Nach einer erholsamen Nacht und einem gemütlichen Frühstück brachen wir gegen halb neun auf, um gleich die erste Seilbahn zur Hohen Mut zu erwischen, welche um 9 Uhr fuhr. (Es empfiehlt sich, den kostenlosen Parkplatz der Festkogelbahn am Ortseingang zu nutzen, von welchem man allerdings noch ca. 15-20 min durch den Ort bis zur Talstation der Hohen-Mut Bahn zu Fuß unterwegs ist.)  Wie geplant, nahmen wir also die erste Bahn und stiegen nach einer ca. 15minütigen Fahrt (und einem Umstieg  an der Mittelstation) an der Bergstation auf 2670 m Höhe aus. Es war bestes Bergwetter und wir hatten eine fantastische Sicht auf die umliegenden Gipfel der 21 Dreitausender, Granatkogel, Seelenkogel, Schalfkogel, Zirmkogel usw.

Von der Hohen Mut aus ging die Wanderung zunächst über leicht abschüssiges Gelände. Wir folgten dem Wanderweg in Richtung Gaisbergferner. Würde man sich rechts halten, gelangte  man in das Rotmoostal. Wir stiegen jedoch halblinks bis zum Gletscher auf ca. 2500 m ab und waren sehr erschrocken, wie weit der Gletscher seit unserem letzten Besuch 2009 zurückgegangen ist! Um abzukürzen, verließen wir den Weg und gingen die letzten 200 Meter über ein Geröllfeld. Inmitten des Geröllfeldes fand ich eine etwa 5 cm lange Bergkristallspitze, welche von irgendwo oben mit den Steinmassen mitgerissen worden sein musste, dafür jedoch noch erstaunlich gut erhalten war. Leider fanden sich keine weiteren Kristalle oder Splitter in der Nähe, sodass wir beschlossen, weiter zu wandern. Wir hielten uns linksseitig, bis wir weiter oben - am Fuß der Granatwand - die Fundstelle sehen konnten. Beim letzten Besuch mussten wir bis zum Beginn der Geröllhalde noch einige hundert Meter über den Gletscher gehen, heute jedoch ist das Gletscherende weiter oben. Vom Gletscherbett steigt man also über eine ziemlich steile Geröllhalde bis zur Fundstelle auf. Es gibt keinen Weg und das Geröll gibt immer wieder nach (insbesondere bei nassem Boden), sodass man den Teil des Aufstieges als relativ schwierig bezeichnen kann. Als wir dieses anstrengende Stück geschafft hatten, ging es die letzten 100 Meter auf steilem, aber festem Untergrund weiter, und wir befanden uns auf einer Höhe von ca. 2800 Metern direkt unterhalb der Granatenwand. Es gibt dort 2 Geröllhalden, weiter rechts ist eine dritte, von wo aus man zur Granatwand aufsteigen kann, man sieht aus der Ferne auch ein Seil herabhängen, welches jemand als Aufstiegshilfe angebracht hat. Wir beschlossen, nicht in die Wand aufzusteigen und suchten erst einmal auf der linken Halde, wo wir beim letzten Besuch recht gute Steine fanden. Dieses Mal fanden wir dort aber nichts Besonderes, außerdem löste eine Herde Gämsen, welche oberhalb auf unglaublich steilen Felshängen unterwegs waren, plötzlich Steinschlag aus. Darum gingen wir zur mittleren Halde hinüber. Der Anblick der Gämsen, die uns übrigens sehr nahe heran ließen, war  allerdings sehr beeindruckend. Das ganze Gelände ist dort sehr steil, und man muss gut aufpassen, wohin man tritt. Gefährlich ist auch der Steinschlag, wir hatten aber Glück, dass niemand in der Wand über uns arbeitete. Die Halden sind voller Granate, man muss nicht lange suchen. Allerdings ist es doch nicht ganz so einfach, wirklich gute Steine, das heißt  möglichst groß, perfekt ausgebildet mit allen Kanten aufzuspüren. Mit meiner mitgebrachten Hacke grub ich ein Loch nach dem anderen, während meine Frau die Halde absuchte. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass die Chancen auf einen guten Fund durchaus auch an der Oberfläche gegeben sind. Die größeren Granate rollen etwas weiter hinunter, so dass man nicht unbedingt bis zur anstehenden Wand aufsteigen muss. Etwa 30 Meter unterhalb der Granatwand fanden wir einige gute größere Granate, auch wunderschöne kleinere, perfekt ausgebildete Einzelkristalle und Stufen konnten wir auflesen. Wir nahmen auch ein paar  Granate bis zu 5 cm Kantenlänge mit, bei welchen allerdings nicht alle Kanten ausgebildet sind, welche Risse haben oder die mit Quarz oder Schiefer durchsetzt sind. Allerdings  beeindrucken sie durch ihre Größe. Wer gute Steine zum Präparieren finden möchte, sollte darauf achten, dass sie auf grünem Glimmerschiefer aufgewachsen sind und mit einem Taschenmesser oder Drahtbürste vor Ort probieren, ob sich der Schiefer abzukratzen lässt. Generell gilt: Die schönsten Kanten und glattesten Oberflächen haben die Steine, welche mit Quarz vergesellschaftet  oder auf gelbem, sandsteinartigem Muttergestein aufgewachsen sind. Diesen fehlt aber wiederum fast immer ein Teil und das Muttergestein lässt sich kaum entfernen.

So verging also die Zeit wie im Fluge, um 16:30 Uhr war brachen wir in Richtung Tal auf. Die letzte Talfahrt der Bahn geht im Sommer um 16 Uhr, außerdem müsste man von der Talsohle des Gletschers bis zur Bergstation wieder ca. 200 Höhenmeter aufsteigen, deshalb hatten wir uns entschieden bis nach Obergurgl hinab zu Fuß zu gehen. Nach ungefähr drei Stunden Fußmarsch mit schweren, steingefüllten Rucksäcken erreichten wir müde, aber glücklich unser Auto und traten die Heimreise an.